Mal ganz persönlich - Ein Blick auf die Gemeindevertretung der letzten Zeit

Veröffentlicht am 06.02.2021 in Lokalpolitik

Ein Kommentar von Peter Scheffler

Ich bin seit ca. 20 Jahren aktiv in der Alsbach-Hähnleiner Kommunalpolitik tätig. Das ist schon eine lange Zeit, in der ich viel erlebt habe. Allerdings ist die aktuelle Situation in diesem Gremium nicht wirklich dass, was meiner Meinung nach die Bürger*innen in unserer Gemeinde erwarten. Zu viel geschieht an uns und auch an Ihnen vorbei. Da der Besuch in der Gemeindevertretung allgemein eher gering und zu Zeiten der Pandemie auch nicht allen möglich ist, möchte ich Sie gerne informieren. Aber bitte, haben Sie Verständnis: das ist meine persönliche Sichtweise. Ich bin hier kein vermeintlicher „Fakten-Checker“, sondern werfe einen Blick auf die Geschehnisse der letzten Zeit und bewerte sie. Ich stehe gern für Diskussion bereit.

Wir haben seit ca. 18 Monaten einen CDU-Bürgermeister. Neue Besen kehren gut, sagt ein altes Sprichwort. Ob das aber auch bei uns der Fall ist, wage ich sehr zu bezweifeln. Angetreten mit dem Slogan “Veränderung beginnt mit zu hören“, startete der Bürgermeister in seine Amtszeit. Was davon übrig geblieben ist? Nicht viel! Wie anders können wir es uns erklären, dass sich in der bislang noch kurzen Amtszeit des BM drei Bürgerinitiativen gegen seine Projekte gebildet haben.

Ein Beispiel ist der Kindergartenneubau in Hähnlein, den die SPD lieber auf dem bestehenden Gelände erweitert hätte, der aber unter allen Umständen auf das Geländer der Grundschule in Hähnlein sollte. Zitat des BM: “Dieser Standort ist alternativlos“. Eine Bürgerinitiative gründete sich, um den alten Standort zu erhalten. Wie alternativlos dieser Standort ist, haben wir kurze Zeit später erlebt. Weil angeblich der Kreis Darmstadt-Dieburg seine Zusagen zum Umbau des Schul- und Sportgelände nicht einhalten will, muss ein anderer Standort her. Diese Zusage hat es übrigens nachweislich nie gegeben und ist frei erfunden. Auf jeden Fall war für den Chef der Verwaltung ein Schuldiger gefunden: Der Landkreis Darmstadt-Dieburg (wenn es nach der SPD gegangen wäre, wäre der Kindergarten in der Spießgasse bereits im Bau). Flugs musste ein anderer Standort her und sein Vorschlag war schnell gefunden. „Am Ritterbruch“, übrigens alternativlos. Daher wurden Alternativen in der Gemeindevertretung auch nicht weiter diskutiert, sondern mit der mit einer Ein-Stimmen-Mehrheit in der Gemeindevertretung durchgewunken. Das alles, um mal auf den Slogan vom Anfang zurückzukommen “Veränderung beginnt mit zuhören“. Weder die Anwohner noch die gesamte Gemeindevertretung wurden in diesen Prozess wirklich eingebunden, konnten Fragen stellen oder über Alternativen diskutieren. Vielleicht bedeutet “Veränderung beginnt mit zuhören“ auch einfach nur: “Ihr hört zu, was ich zu sagen habe“!? Ein wirklicher Dialog ist nicht gewollt. Also bildet sich die zweite Bürgerinitiative. Nun gegen diesen Standort. Die SPD-Fraktion hat sich übrigens mit den Initiativen getroffen, um die Sorgen und Nöte zu verstehen. Das hat leider keine andere Fraktion in der Gemeindevertretung getan. Der BM schon gar nicht.

Wenn es keine BI gibt, sieht man sich vor Gericht. Das ist die andere Alternative, die uns der Chef der Verwaltung anbietet. Zurzeit laufen mindestens zwei Klagen, die uns bekannt sind, von Bürger*innen gegen die Gemeinde beim Verwaltungsgerichtshof in Kassel. Das ist nicht immer zu verhindern, aber dennoch bezeichnend. Der interessanteste Gerichtstermin fand aber vor dem Verwaltungsgericht Darmstadt statt. Mehrere Funktionsträger der FFW-Hähnlein wurden vom Bürgermeister nach einem Gespräch mit der Einsatzabteilung aus dem aktiven Dienst entlassen. Kritik an ihm war nicht erwünscht und wurde so konsequent unterbunden. Ich selbst habe in der Gemeindevertretung festgestellt, dass diese Entlassungen unrechtmäßig sind, was vom BW verneint wurde. Schon bei der ersten Anhörung durch die zuständige Verwaltunsrichterin wurde anscheinend klar, dass die Entlassungen nicht akzeptiert werden und ein Prozess für die Gemeinde aussichtslos ist. Daraufhin mussten die Entlassungen vom BM zurückgenommen werden. Der Gemeindevertretung wurde erzählt, dass der Bürgermeister sein Ziel erreicht hat. Es fänden Gespräche mit den Betroffen statt und sie könnten zurück in den aktiven Dienst. Ich stelle mir hier die Frage: „Ist hier erst ein Termin vor Gericht notwendig?“ Zuhören, verstehen, Kompromissbereitschaft und wirklich Gespräche auf Augenhöhe hätten geholfen. Trotz allem sind etliche aktive Feuerwehrleute aus der Einsatzabteilung ausgetreten. Der Brandschutz wurde durch das, meiner Meinung nach, unverantwortliche Verhalten des BM, extrem geschwächt. Die öffentliche Darstellung der Verwaltung ist leider wieder eine andere. Alles ist gut und alle sind engagiert.

Dass die FFW-Hähnlein noch einsatzfähig ist, ist kein Verdienst ihres Vorgesetzten, sondern beruht einzig und allein auf dem Verantwortungsbewusstsein der Kamerad*innen. Denen möchte ich hier meinen persönlichen, aber auch den Dank der SPD-Fraktion aussprechen.

Jetzt nochmal zur Arbeit in der Gemeindevertretung. Die SPD ist zusammen mit den IUHAS in der Opposition, wie man landläufig sagt. CDU und FW haben eine Mehrheit, die sie auch konsequent nutzen. So ist nun einmal Demokratie, auch wenn das manchmal wehtut. Unter den beiden anderen Bürgermeistern (Rausch und Wennrich) war das Klima in dem gemeindlichen Gremium allerdings wesentlich freundlicher. Der Umgang ist seit anderthalb Jahren leider ein anderer. SPD und IUHAS werden eher als lästig (was Opposition auch sein sollte) und nicht als ein konstruktiver Teil empfunden. Gerne werden Vorschläge der SPD mit den Stimmen von CDU und FW abgelehnt, um sie ein wenig später von diesen Fraktionen als „eigene Idee“ zu verkaufen. Beispiel: die SPD hat in den letzten zwei Jahren mehrfach Anträge gestellt, um die Ausstattung unserer Kinderspielplätze zu verbessern. Das sei nicht notwendig , wurde uns gesagt. Dann stellten wir plötzlich fest, dass der BM eine „Spielplatzinitiative“ gestartet hat und genau das tut, was wir beantragt hatten (Wahlkampf?). Aktuell wird ein Sonnensegel, zur Beschattung eines Kindergartens beschafft. Unseren Vorschlag, ein solches Segel auf dem Kinderspielplatz Am Holzlachgraben in Hähnlein zu installieren, wurde von CDU und FW belächelt und abgelehnt.

Die medizinische Versorgung über ein MVZ (medizinisches Versorgungszentrum) sicher zu stellen, war und ist eine Initiative der SPD-Fraktion gewesen. Wir haben das sogar mit einer Sondersitzung auf die Agenda gebracht und einen zielführenden Prozess angestoßen. Diese Initiative wurde zuerst mitgetragen, dann aber wegen 30.000€ (es geht um die medizinische Grundversorgung in der Gemeinde) abgelehnt und wir haben dadurch Jahre verloren. Inzwischen gibt es übrigens ein MVZ in Hähnlein, mit dem der BM allerdings auch keine Gespräche über Entwicklung und Zukunft führt. Jetzt stellt sich der BM als der Retter dar, der Versorgung über andere Wege sichert.

Dieser Palette könnte ich noch einige Punkte hinzufügen.

#PPPKindergarten, #Großküche, #Klimafreundlich, #Bürgerdialog, #Mädels, #ordnungsbehördenbezirk

Auch laufende Projekte funktionieren nicht so, wie sie sollten oder könnten. Das Baugebiet Spießgasse II musste, auf Antrag und Wunsch des damaligen Fraktionsvorsitzenden (jetzt BM), über ein kompliziertes Treuhandverfahren umgesetzt werden. Das hat dazu geführt, dass die Schaffung von Wohnraum um mehr als zwei Jahre verhindert wurde, weil auch hier die Betroffenen nicht vorher eingebunden wurden. Der SPD-Vorschlag, das Baugebiet über ein Investorenmodell zu realisieren, wurde nicht angenommen. Was allerdings ein Investor leisten kann, könne Sie in der verlängerten „Georg-Fröba-Straße“ sehen. Wesentlich später als das Gebiet in der Spießgasse angegangen, stehen heute bereits die Häuser und werden in naher Zukunft bezugsbereit sein.

Wie es mit dem Projekt „Großer Frankfurter Bogen“ (Erweiterung des Siedlungsgebiets der Gemeinde) weiter geht, werden wir sehen. Der erste Vorschlag des BM zu einem möglichen Gebiet wird ohne Diskussion in der Gemeindevertretung durchgewunken. Die Freien-Wähler erweitern den Vorschlag sogar um ein weiteres Baugebiet, ohne eigene Vorlage und stimmen alles mit durch. Es haben wieder einmal keine Gespräche mit Bürger*innen stattgefunden. Das Ergebnis ist die nächste Bürgeraktion und auch das Engagement von NABU und BUND gegen dieses Projekt. So viel zu Veränderung und zuhören.

Eine offenen Bürgerbeteiligung findet in unserer Gemeinde leider nicht statt. Was CDU und vor allem Freien Wählern immer und überall lautstark propagieren, wird von ihnen selbst aktiv verhindert. Die Freien Wähler haben sich mittlerweile zum Steigbügelhalter entwickelt und haben ihre (angebliche) Neutralität, spätestens mit der Wahlempfehlung, während des Bürgermeisterwahlkampfes, aufgegeben. Das wird an den Abstimmungsergebnissen seit dem Amtsantritt extrem deutlich. Es muss jedem klar sein: „Wer die Freien Wähler wählt, wählt CDU“.

Dazu passt auch, dass die CDU nach der letzten Kommunalwahl einen der Freien Wähler zum Vorsitzenden der Gemeindevertretung gemacht hat. Der revanchierte sich mit endlosem Rederecht des BM und Reglementierungen der Opposition. Das schien auch nötig, da in der CDU-Fraktion selten jemand die eigenen Anträge richtig begründete. Das macht dann besser der Chef.

Vielleicht versucht ja der BM, die richtigen Dinge zu machen, allerdings macht er die Dinge nicht richtig. Richtig wäre der tatsächliche und auch ergebnisoffene Dialog. Richtig wäre, mit den Bürger*innen und auch mit allen Gemeindevertreter*innen zu diskutieren und Entscheidungen nicht einfach durchzuwinken.

Aber warum soll ich hier gute Ratschläge geben. Entscheiden Sie selbst.

Ihr Peter Scheffler